Freundschaft zum Anfassen – Das Poesiealbum
Früher, bevor Social Media erfunden war, hatten fast alle Kinder und Jugendlichen ein echtes „Freundschafts-Highlight“ in der Hand: das Poesiealbum. So ein kleines Büchlein, prall gefüllt mit Sprüchen, Gedichten, geschnörkelten Bildern und Glitzertütchen, von Freunden, Verwandten und Lehrern liebevoll bestückt. Wer dort reinschreiben durfte, war schon jemand Besonderes – quasi die VIP-Liste der Schulbank. Die Sammlerleidenschaft hinter den Sprüchen und Bildchen war dabei mindestens so groß wie heute bei Pokémon-Karten. Wer wollte schon riskieren, sein Buch nicht zurückzubekommen? Und wusstest du, dass der Begriff „Poesiealbum“ erstmals im 19. Jahrhundert verwendet wurde? Die Alben waren besonders in Deutschland und den Niederlanden beliebt, oft in zarten Pastelltönen gestaltet, die jedes Kinderherz höherschlagen ließen.Poesie-Alben.mp3
Ursprung: Stammbücher – Die Urgroßeltern der Poesiealben
Bevor die bunten Freundschaftsbücher populär waren, gab es die Stammbücher – die Vorfahren der Poesiealben – die Studenten und Gelehrten im 16. und 17. Jahrhundert nutzten. Ihr ältestes bekanntes Exemplar stammt sogar aus dem Jahr 1528. Damals widmete man sich gegenseitig lateinische Weisheiten und klebte liebevolle Stickereien oder Aquarelle hinein. Diese Prachtexemplare waren mehr als nur Bücher, sie waren die LinkedIn-Profile von damals – nur mit mehr Federkiel und weniger Selfies.
Die goldenen Zeiten der Poesiealben
In den 60er und 70er Jahren waren die Alben wahre Schmuckstücke – teilweise in rauem Leder mit goldener Schrift. Die Bandbreite der Einträge reichte von zarten Freundschaftsschwüren („In allen vier Ecken soll Liebe stecken“) bis zu schnippischen Weisheiten wie „Eine gescheite Frau hat Millionen Feinde, alle dummen Männer“. Solche Weisheiten waren wohl schon damals die subtilen Vorboten des elterlichen Humors. Interaktive Ecken zum Umblättern und „Glanzbildchen“ machten das Album zum kleinen Schatz, der gehütet wurde wie der letzte Schokoriegel in der Pause.Poesie-Alben.mp3
Sprücheklopfer und Lebensweisheiten – Die Highlights der Einträge
Manche Sprüche wurden von Schulfreunden weitergetragen und immer wieder zitiert, andere hatten den Charme von Lebensweisheiten oder frechen Ratschlägen – von „Julia, werde niemals Ehefrau“ bis hin zu „Erst pflegst du die Rosen, dann wäscht du seine Hosen“. Diese Zeilen waren nicht selten der heimliche Humor der Schulzeit, den nur Eingeweihte verstanden. Die Einträge waren oft so gut, dass sie auch heute noch als kleine Zeitzeugen des Lebensgefühls gelten – und manchmal aufgrund ihres Wortsinns für größere Heiterkeit sorgen....





